Menetekel

Peter Grandl – „Höllenfeuer“

von Frank Becker

Menetekel
 
Ein Thriller mit Hintergrund
 
Ich sag´s Ihnen gleich: „Höllenfeuer“ von Peter Grandl ist ein echter Thriller, ein Roman der unter die Haut geht und Sie nicht mehr losläßt. Wäre es ein Film, dann wäre Lehnenkraller die richtige Beschreibung. So aber sinkt man mit dem Buch immer tiefer in seinen Lesesessel ein und legt es erst mitternächtig tief aus der Hand – um gleich nach dem Frühstück die Lektüre hungrig wieder aufzunehmen.
 
Peter Grandl nimmt mutig und fesselnd ein Thema auf, das viele im Lande sorgenvoll umtreibt, über das aber nur wenige, zumal die knieweiche Politik und die anscheinend hilflosen Sicherheitsorgane, offen zu sprechen wagen. Es geht um die durchaus reale und durch schreckliche Anschläge und religiöse islamische Amokläufe längst belegte brennende Gefahr, die Deutschland, die Europa durch gewalt- und mordbereite Muslime droht. Man nennt diese Täter, die in den offenen westlichen Demokratien als Schläfer auf ihren Einsatz im Auftrag fundamentalistischer islamischer Organisationen wie „Al-Qaida“ oder „Islamischer Staat“ warten ängstlich Islamisten, um die Worte „Moslem“ und „Islam“ zu vermeiden. 
Als in der Folge der Bürgerkriege im Nahen Osten und in zentralafrikanischen Staaten eine Flut von hunderttausenden Flüchtlingen, oft unkontrolliert, ohne Papiere oder mit falschen Dokumenten ins Land strömten, befanden sich unter ihnen auch zahlreiche fanatische ehemalige IS-Kämpfer, die sich, z.B. in Syrien oder dem Irak besiegt, nun die demokratischen und liberalen Strukturen westlicher Staaten zunutze machen, um in deren Schutz mit Mitteln der Gewalt den weltweiten Gottesstaat anzustreben und zur Erreichung dieses wahnwitzigen Ziels möglichst viele „Ungläubige“ umzubringen. Zahlreiche fürchterliche Bluttaten, oft organisatorisch und finanziell von Staaten wie Saudi-Arabien oder dem Iran unterstützt, ziehen längst eine blutige Spur durch Westeuropa (Madrid, Paris, Brüssel, Berlin, London u.a.m. …) und manchmal sind Moscheen und Imame Ausgangspunkte und zentrale Figuren für den Aufbau radikaler fundamentalistischer Strukturen.
 
So auch in „Höllenfeuer“. Hier sind es der Anschlag einer IS-Gruppe mit einem der schlimmsten bekannten Nervengifte (auch russische Mörder im Auftrag Wladimir Putins benutzen es) auf die Münchner U-Bahn, der über 300 Menschen das Leben kostet und die gesellschaftlichen Folgen, die eine solche fürchterliche Tat hat. Der Anschlag und der darauf folgende notwendige Lockdown zur Eindämmung der Gefahr sowie die Hilf- und Werkzeuglosigkeit der durch Paragraphen und politisch gewollte Konzepte behinderten Ermittlungsbehörden bringen den Staat, das Gemeinwesen an den Rand des Zerbrechens. Ein Zerbrechen, das genau so Kalkül und Plan der Islam-Fanatiker ist: den Staat ins Chaos stürzen und auf den Trümmern ein Kalifat aufbauen. Peter Grandl hat gründlich recherchiert, bei Ermittlungsbehörden, in der Politik, in Islam-Kreisen, bei Krankenhäusern und hinsichtlich des für den verheerenden Anschlag verwendeten tödlichen chemischen Kampfstoffs.
Daß es dem Chefermittler Torge Prager, der Polizei und den Geheimdiensten gelingt, trotz politischer Widerstände und Zuständigkeitsgerangel die für das Verbrechen verantwortliche Münchner Terrorzelle aus eingesickerten Islamisten zu sprengen und unschädlich zu machen, wünscht sich der Leser natürlich. Grandl erfüllt diesen Wunsch in raffinierten Wendungen. Aber er wäre kein Realist, wenn er nicht bereits einen neuen Erzählstrang vorbereitet hätte, der ahnen läßt, daß die Gefahr für ein nächstes Höllenfeuer auf den Nägeln brennt …
 
Geschickt in die schier atemlos zu verfolgende Thriller-Handlung eingebaut und mit ihr verflochten hat Peter Grandl eine vielschichtige dramatische Familiengeschichte um den bayerischen Innenminister Martin Himmel und seine Tochter Antonia, eine berührende Liebesgeschichte und individuelle Opferschicksale.
„Höllenfeuer“ ist ungemein spannend erzählt, zugleich aber auch als ein Menetekel zu verstehen, vor dem hilflos, untätig und bewußt von der Politik und von organisierten weichgespülten Besserwissern behinderte Behörden und ihre Leitungen offenen Auges stehen. Der nächste Anschlag wird den grausigen Beweis antreten. Grandl macht uns Angst. Mit Recht. Man kann den straff durchgetakteten Roman trotz gewisser logischer Brüche (ein Roman eben und kein Sachbuch) vorbehaltlos empfehlen.
 
Peter Grandl – „Höllenfeuer“
Thriller
© 2024 Piper Verlag, 474 Seiten, Klappenbroschur – ISBN: 9783492064507
18,- €
 
Weitere Informationen: www.piper.de